Während unserem Pausetag in Naryn planen wir unsere weitere Tour. Die nächste Etappe wird sehr abgelegen sein, also kaufen wir Essen für 7 Tage ein. Wir beschränken uns dabei hauptsächlich auf Kohlenhydrate, d.h. Reis, Haferflocken und chinesische Nudel und ein paar Gewürzmischungen für den Geschmack. Man wird mit der Zeit doch etwas pragmatisch.
Am nächsten Tag geht es dann los.
Tag 1
Die ersten Kilometer sind noch geteert, dann geht es parallel zum Fluss auf Schotter weiter. Links und rechts von uns wird es bergiger und gegen Mittag befinden wir uns dann in einer beeindruckenden Schlucht. Noch fahren wir ab und an durch Dörfer und begegnen immer mal wieder ein paar Autofahrern. Gestartet sind wir an diesem Tag auf 2000 Höhenmetern in Naryn. Am Abend sind wir auf 2500 Metern und zelten neben der Straße. Geradelt sind wir aber trotzdem knapp 1000 Höhenmeter.
Tag 2
Es geht weiter in der Schlucht. Alle paar Kilometer radeln wir an einer einsamen Yurte vorbei. Es geht viel bergauf und bergab an diesem Tag. Die Landschaft wechselt von sehr grün und vielen Nadelbäumen zu etwas kargerer, brauner Landschaft. Gegen Nachmittag verlassen wir dann die "Hauptstraße" und biegen auf einen Feldweg ab. Ab jetzt fahren wir fast nur noch auf mal mehr mal weniger platt gefahrener Wiese. Es geht nochmal hoch auf 3000 Höhenmeter um in das nächste Tal zu gelangen wo wir dann nach wenigen weiteren Kilometern am Fluss zelten. Wir befinden uns auf 2800 Metern, mussten uns aber die Höhe diesmal mit über 1000 geradelten Höhenmetern erkämpfen. Die meisten Begegnungen, die wir heute hatten waren Murmeltiere, die überall vor ihren Löchern aufmerksam die Gegend beobachten. Sobald sie uns sehen, gibt es ein paar wilde Laute und sie verschwinden. Sehr scheu die kleinen Tierchen. Während ich meine hinteren Bremsbeläge wechsle, kommt noch ein Einheimischer vorbei und wir haben eine nette kleine Unterhaltung. Dann beobachtet er neugierig, wie ich das Rad wieder auf Vordermann bekomme, bevor er sich verabschiedet. Müde fallen wir nach dem Essen ins Bett.
Tag 3
Nach einem leckeren Porridge Frühstück, überqueren wir nochmals eine Bergkette. Diesmal nicht ganz so hoch und dann sind wir auch schon in dem Tal das wir für die nächsten Tage entlang radeln. Anfangs sind noch ein paar vereinzelte Häuser zu sehen, dann nur noch Yurten. Es geht wieder an einem Fluss entlang. Die Straßen sind mal steinig, mal platt gefahrene Wiese und lassen sich gegenüber den Schotterstraßen ganz gut fahren. Es geht langsam bergauf mit einer sehr angenehmen Steigung. Auf den Wiesen tummeln sich sehr viele Pferde, inklusive Fohlen, Kühe und Schafe. Meistens ohne Hirten. Falls wir Hirten treffen, sind es oft Kinder,die noch so klein sind dass sie oft nicht an die Steigeisen kommen. Dennoch haben sie die Pferde unglaublich im Griff und wirken wie angeklebt auf dem Pferd. Wohlgemerkt die meisten reiten ohne Sattel!
Von den Bergen gibt es immer wieder kleine oder auch größere Flussläufe, die im Hauptfluss im Tal münden. Super für uns, so müssen wir uns keine Sorgen um Wasser machen. Und das ist bitter nötig, die Sonne ist sehr intensiv in dieser Höhe. Einziger Nachteil am vielen Wasser sind die Flußüberquerrungen, die wir immer wieder machen müssen. Anfangs ziehen wir noch die Schuhe aus und schieben wenn es uns zu tief erscheint. Später allerdings siegt die Faulheit und wir fahren den restlichen Tag mit nassen Schuhen.
Diesmal schlafen wir auf 3000 Metern.
Tag 4
Tags drauf geht es weiter stetig im Tal bergauf. Viele Flüsse sind zu überqueren, viele Pferde, viele Murmeltiere. Wir sehen fast keine Hirten oder Yurten mehr. Die Einsamkeit in dieser Kulisse ist überwältigend! Nach der Mittagspause kommen wir an einen größeren Fluss. Genau genommen ist es ein Flussbett das nicht ganz voll ist und so können wir erstmal von Insel zu Insel fahren. Dann stehen wir allerdings vor einem Teil des Flusses mit starker Strömung, der zudem sehr tief ist. Wir schieben unsere Räder stromaufwärts um eine bessere Stelle zu suchen. Das Wasser ist eisig kalt. Die schweren Fahrräder über die Steine zu bugsieren ist extrem anstrengend. Wir finden leider nichts besseres und kehren wieder zum Ausgangspunkt zurück. Also Fahrräder abladen. Wir bilden eine Menschenkette (naja, wir sind ja nur zu zweit) im Wasser und schaffen es so alle Taschen und auch de Räder auf die andere Seite zu bekommen. Stellenweise ist die Situation sehr grenzwertig, die Strömung ist wirklich stark, man sieht den Untergrund nicht und zusammen mit dem schweren Gepäck ist es schwierig das Gleichgewicht zu halten. Nach dem ersten Fluss komme noch weitere die uns viel Zeit kosten und nach einer Stunde oder mehr sind wir endlich wieder auf den Rädern. Allerdings sehr ausgelaugt.
Eigentlich wollten wir heute noch den Pass fahren, die verbleibenden Kräfte lassen das aber nicht zu und so schlagen wir das Zelt auf. Es wäre klüger gewesen vor dem Fluss zu zelten und morgens die Überquerung zu machen. Zur Zeit als wir uns über den Fluss gekämpft haben (so gegen 16 Uhr) ist der Wasserstand höher wegen des Schmelzwassers.
Kurz bevor wir ins Zelt gehen, kommt doch noch ein Auto vorbei und hält auf dem Feldweg. Aus dem Auto steigt eine ganze Familie aus und begrüßt uns herzlich. Es gibt ein paar Schlücke Vodka, ein paar Fotos und sie verabschieden sich wieder.
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Ab hier wurde es kritisch |
Tag 5
Geschlafen hatten wir auf 3400 Höhenmetern. Wir fahren ans Ende des Tals und steigen direkt in den Pass ein. Es sind zwar ab dort nur noch wenige hundert Höhenmeter, allerdings sind wir mittlerweile ja doch recht hoch und die dünne Luft macht sich bemerkbar. Hinzukommt die immer schlechter werdende Straße. Grobe, lose Steine und eine extreme Steigung zwingt uns zu einer Mischung aus schieben und fahren. In solchen Höhen ist es eigentlich üblich sich langsam zu bewegen und in eine gleichmäßige Atmung zu verfallen. Einerseits würden wir auf dem Rad dann aber umfallen, andererseits drehen uns beim zu langsamen, kraftvollen Drehten die Reifen durch.
Wir schaffen es aber trotzdem zur Mittagszeit den Pass hinter uns zu lassen und haben damit unseren (für diese Reise) höchsten Pass erklommen! Auf 3839 Metern genießen wir unseren Mittagsporridge und einen Kaffee.
Dann zieht ein Unwetter auf. Alles geht sehr schnell und wir entscheiden uns über die Hauptstraße bergab zu fahren. Désirées Schutzblech quittiert kurz vor der Abfahrt noch den Dienst und entsprechend sieht sie nach der Schlamm Abfahrt aus. Die Fährräder müssen wir zwischendrin immer mal vom Schlamm befreien damit sich die Ketten noch drehen... .
Erschöpft kommen wir am Issyk Kul an und gönnen uns ein Gästehaus zur Übernachtung.
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Bergsee auf 3800 Metern |